Hildegard von Bingen war Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und eine bedeutende natur- und heilkundige Universalgelehrte.
Sie entwickelte vor allem aber eigene Ansichten über die Entstehung von Krankheiten, Körperlichkeit und Sexualität.
Ein zweites Werk, Causae et curae (Ursachen und Behandlungen) genannt, ist nur in einer einzigen Handschrift überliefert. Hier handelt es sich um eine allgemeine Darstellung der Schöpfung, der Natur und insbesondere der menschlichen Natur. Im zweiten Teil ist von einzelnen Krankheiten und ihrer Behandlung sowie von der Diagnostik die Rede.
Die Kräuterkunde aus Causae et Curae beinhaltet viele sehr direkte Anweisungen, die jeweils nach Symptomen geordnet sind. Sie sind daher auch für medizinische Laien gut zu gebrauchen. So heißt es beispielsweise:
„Vom Tränen der Augen: Wer nässende Augen hat, wie wenn sie tränten, soll ein Feigenblatt pflücken, das in der Nacht vom Tau gründlich benetzt worden ist, wenn die Sonne es an seinem Zweige bereits erwärmt hat, und so warm auf seine Augen legen, um deren Feuchtigkeit einzuschränken…“
oder
„Wenn das Gehör eines Menschen von irgendeinem Phlegmastoff oder einer anderen Art des Krankseins zugrunde gerichtet wird, nimmt man weißen Weihrauch, und lass aus ihm über lebendigem Feuer Rauch aufsteigen und lass diesen Rauch in das sich obdurierende Ohr aufsteigen…“.
Der Gedanke der Einheit und Ganzheit ist auch ein Schlüssel zu Hildegards natur- und heilkundlichen Schriften. Diese sind ganz davon geprägt, dass Heil und Heilung des kranken Menschen allein von der Hinwendung zum Glauben, der allein gute Werke und eine maßvolle Lebens-Ordnung hervorbringe, ausgehen könne. In diesen Punkten unterscheidet sich Hildegard stark von den eher rationalen Werken der übrigen Klostermedizin. So heißt es bei Hildegard:
„Drei Pfade hat der Mensch in sich, in denen sich sein Leben tätigt: die Seele, den Leib und die Sinne“. Nur wenn diese drei Aspekte der Lebensführung ausgewogen beachtet werden, bleibt der Mensch gesund.